CRISPR/Cas ein Ideologien/Dogmenstreit?

Der europäische Gerichtshof hat entschieden, dass CRISPR/Cas unter die GVO-Richtlinie fällt, obwohl mittels CRISPR/Cas keinerlei neues Genmaterial in das Genom eingeführt wird/werden muss. Ganz im Gegenteil bietet CRISPR/Cas die einmalige Chance die bisher möglichen und erlaubten Verfahren mittels radioaktiver Strahlung oder sogar erbgutverändernter Chemikalien zu ersetzen und dabei sogar gezielte Änderungen/Verbesserungen vorzunehmen, was so gezielt weder mit radioaktiver Strahlung noch mit Chemikalien möglich ist. Ob dies wirklich eine Entscheidung war, die Europa und der europäischen Forschung und Wirtschaft zugute kommt, wird sich zeigen.
Die Begründung des europäischen Gerichtshofs, das "klassischen" erbgutveränderten Methoden seit langem bewährt und sicher sind, könnte man auch so auslegen, dass die CRISPR/Cas-Methode sicher ist, da diese ebenfalls keine fremden Genstücke im Erbgut plaziert, sondern, im Gegensatz zur klassischen zufallsgetriebenen
Mutagenese, zielgerichtete Mutationen einführt (oder auch rückgängig macht, wenn man davon ausgeht, dass es wie bei verschiedenen Krankheiten zu sehen, vorher zu einem Fehler im Genom gekommen ist).

Der europäische Gerichtshof stellt bei seiner Begründung den Begriff "genetisch verändert" in den Vordergrund, und definiert dieses »genetisch verändert« als jede von Menschen gemachte Veränderung, die nicht auf natürlichem Weg möglich ist. Dank dieser spezialisierten Formulierung gelten mit Hilfe radioaktiver Strahlung oder erbgutverändernden Chemikalien erzeugte Pflanzensorten als natürliche Züchtungen, die nicht unter das Gesetz fallen. Schließlich basieren natürliche Mutationen in der Natur unter anderem auf den Einwirkung der Höhenstrahlung, der "natürlichen" Umgebungsradioaktivität oder von chemischen Substanzen, die in der Umwelt vorkommen. Mit dieser Begründung fiele aber auch die Mutagenese mittels CRISPR/Cas9 und anderen Gene-Editing-Verfahren nicht unter den Begriff GVO, da auch diese "Verfahren" natürlich im Organismus vorkommen. Die Veränderungen im Erbgut sind von natürlichen Mutationsereignissen oder dem Ergebnis einer besonders glücklichen Kreuzung nicht zu unterscheiden. Diese Bewertung hatte sogar der EuGH-Generalanwalt Michal Bobek Anfang des Jahres 2018 empfohlen.

Wird CRISPR/Cas als unsicher eingestuft, könnte, bzw. müsste man auch die klassischen Methoden so streng reklementieren, wie solche, die fremdes Erbgut einführen, also der GVO Richtlinie  unterliegen.

Jedenfalls ist es für den Autor dieses Beitrags nicht möglich die Entscheidung und Begründung des europäischen Gerichtshofs nachzuvollziehen, ohne zu vermuten, dass die richterliche Entscheidung auf Basis von weltanschaulichen Argumenten gefällt wurde und nicht auf der Basis wissenschaftlicher Methoden. Wieso sollte eine molekularbiologische Korrektur des Genoms mittels molekularbiologischen Verfahren und wohlgemerkt mit einem Verfahren das auch im menschlichen Organismus vorkommt, als verdammenswerte Gentechnik betrachtet werden, und die Behandlung von Zellen mittels radioaktiver Strahlung oder erbgutveränderten Chemikalien nicht? Hängt dies damit zusammen, dass anders als vom Gerichtshof argumentiert, das "G" in GVO für eine Mehrheit der Bevölkerung nicht für genetisch, sondern für gentechnisch(e) Verfahren steht und Vorbehalte gegen gentechnische Verfahren weit verbreitet sind?

Die europäische Wissenschaft muss aufwachen und erkennen, dass sie langfristig nur dann Bestand haben kann, wenn sie ihre Position auch aktiv und offensiv verteidigt sonst wird nach dem Silicon Valley auch das Gene Valley nicht in Europa seinen Platz finden, sondern in den USA oder China.

Auch wenn es kein Argument sein darf, dass Europa nun weiter an Einfluß im genetischen/gentechnischen Monopoly verliert, so sollte man nicht außer Acht lassen, dass CRISPR/Cas weiterhin in den USA und vor allem China eingesetzt werden darf und wird. Falls mittels CRISPR/Cas veränderte Lebensmittel/Organismen auf den europäischen Markt kommen, wird es keinerlei Möglichkeit geben dies molekularbiologisch nachzuweisen!

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