CRISPR/Cas9 Anwendungen

Was ist CRISPR/Cas9?

RNA-gesteuerte rekombinante Nukleasen RGENs > = RNA guided engineered nucleases) aus dem prokaryotischen adaptiven Immunsystem (CRISPR > = Clustered regularly interspaced short palindromic repeats, auch als RSRS (Francisco Mojica 1993) bekannt) haben das Gebiet der Genbearbeitung/Genmanipulation revolutioniert, indem sie Wissenschaftlern ein leistungsfähiges Verfahren an die Hand gegeben haben, Gene von Interesse zu schneiden und/oder zu ersetzen.

Die neue Technik, bei der die guide RNA und das Cas9-Protein > über den Umweg eines Plasmids in die Zellen geschleußt werden, ermöglicht zwar die gezielte Bearbeitung von Genen in menschlichen, tierischen und pflanzlichen Zellen/Zelllinien, zeigt aber deutliche Nebeneffekte und eine unerwünschte Integration von DNA-Segmenten sowohl bei "on-Target" als auch bei "Off-Target" Stellen im Genom. Um diese "on-Target" und "off-Target" Effekte zu beseitigen oder zumindest zu minimieren, ist es besser, das gereinigte rekombinante Cas9-Protein > zusammen mit der guide-RNA mittels co-Transfektion direkt in kultivierte Zellen zu schleußen.

Arbeiten verschiedener Forschungsgruppen haben gezeigt, dass es möglich ist, Mutationen mit einer Effizienz von bis zu 80% gezielt zu setzen, während gleichzeitig "off-Target"-Effekte, die mit der Plasmidtransfektion verbunden waren, reduziert wurden. RGEN Ribonukleoproteine spalten chromosomale DNA praktisch sofort nach der Transfektion und werden gleichzeitig sehr schnell wieder abgebaut, so dass "off-Target"-Effekte stark reduziert werden. Gleichzeitig ist die Transfektion von Ribonukleotidproteinen für humane embryonale Stammzellen weit weniger belastend und führt so zu mehr als der doppelten Anzahl von Kolonien gegenüber der Transfektion von Plasmid-DNA >.

CRISPR Cas9

Das CRISPR-System besteht aus der „guide RNA“ (gRNA) - auch "single guide RNA" (sgRNA) genannt - und der unspezifischen CRISPR-assoziierten Nuklease (z.B. dem Cas9-Protein aus Streptococcus pyogenes >, der zur
Zeit meist benutzten Nuklease für die Genmanipulation mittels der CRISPR-Technologie). Es gibt aber auch andere Endo-
nukleasen mit einem ähnlichen, bzw. gleichen Wirkspektrum.

sgRNA ist eine synthetische RNA, die aus einem unspezifischen Sequenzteil (tracrRNA) zur Bindung an das Cas9-Protein und einem genspezifischen Teil, der crRNA (spacer RNA (ca. 20-mer)), besteht. Die crRNA-Sequenz dient dabei der Erkennung des zu verändernden Zielgens. Das Erkennen und das Schneiden exogener DNA-Sequenzen erfolgt bei CRISPR/Cas-Systemen in einer Art und Weise, wie sie in eurkaryotischen Organismen bei der RNA-Interferenz > bekannt ist.

Obwohl andere programmierbare Genbearbeitungswerkzeuge, wie beispielsweise Zink-Finger-Nukleasen oder „Transcription activator-like effector nuclease“ (dt. ‚transkriptionsaktivatorartige Effektornuklease‘, TALEN >, ein künstliches sequenzspezifisches Restriktionsenzym) die Fähigkeit zur präzisen Genmodifikation deutlich verbessert haben, zeigen diese Techniken Beschränkungen und sind vor allem sehr zeitaufwendig. Demgegenüber stellt die CRISPR/Cas9 Technologie eine bedeutende Verbesserung gegenüber diesen bisherigen Werkzeugen dar und bietet ungeahnte Möglichkeiten in Bezug auf Effizienz, Benutzerfreundlichkeit und Anwendungsmöglichkeiten.

Mit dem CRISPR/Cas9-System ist man in der Lage, sehr flexibel und trotzdem spezifisch ausgewählte Zielgene zu verändern. Man hat nach entsprechenden Modifikationen im Versuchsaufbau ein leistungsstarkes Werkzeug zur Hand, das für praktisch jeden Organismus inklusive Säugerzellen eingesetzt werden kann. Aktuell bietet Genaxxon verschiedene Produkte an, die im Bereich der CRISPR/Cas9-Technologie eingesetzt werden können. Dies sind ein optimiertes pDNA Transfektionsreagenz >, bzw. das optimierte Transfektionspotokoll > und das rekombinante Cas9-Protein aus Streptococcus pyogenes.

Mit dem hochflexiblen aber trotzdem gezielten Targeting stellen CRISPR/Cas-Systeme ein leistungsfähiges Hilfsmittel für die Genmanipulation dar, wobei die CRISPR/Cas-Technologie die Genspaltung bzw. Genbearbeitung in einer Vielzahl eukaryotischer Zellen ermöglicht. Da die hohe Spezifität der Cas9-Endonuklease durch die jeweilige RNA-Sequenz der sgRNA gegeben ist, wird die Bearbeitung praktisch jeden Genlokus möglich, indem die zu einer DNA-Zielsequenz komplementäre RNA-Sequenz (tracrRNA, von engl. trans-acting CRISPR RNA) als Teil der sgRNA eingefügt wird und dann die sgRNA zusammen mit dem Cas9-Protein z.B. mit GenaxxoFect > in die jeweilige Zielzelle transfiziert wird.

Das CRISPR / Cas System stellt ursprünglich ein prokaryotisches, adaptives Immunantwortsystem dar, das nichtkodierende RNA-Abschnitte dazu benutzt, die Cas9-Nuklease > gezielt an bestimmte Genabschnitte zu führen, um diese zu schneiden. Der durch den Schnitt verursachte Schaden an der DNA kann durch zelluläre Reparaturmechanismen behoben werden. Entweder über den NHEJ (non-homologous end joining) oder HDR (homology directed repair) Mechanismus. Beide, sowohl NHEJ als auch HDR, sind natürliche DNA-Reparaturmechanismen von Zellen, mit denen DNA Doppelstrangbrüche in Zellen repariert werden.

Wenn für eine Reparatur keine entsprechende Vorlage (Template) vorhanden ist, kommt der NHEJ Reparaturmechanismus zum Tragen, der Doppelstrangbrüche einfach ligiert, was zu Mutationen (indel-Mutationen) führen kann. Daraus ergibt sich automatisch, dass der NHEJ-Mechanismus eher für Knock-out Mutationen geeignet, bei dem gewollt ein Gen verändert bzw. ausgeschaltet wird. HDR dagegen ist ein alternativer Reparaturweg, bei dem ein komplementärer DNA-Strang als Reparaturvorlage vorhanden sein muss, um dessen Sequenz zu kopieren.

Knock-out-Konstrukte mit CRISPR/Cas9

CRISPR/Cas9 kann zur Erzeugung von Knockout-Zellen verwendet werden. Dabei kann das Ziel jede ca. 20 Nukleotide lange DNA-Sequenz sein, vorausgesetzt, die Sequenz kommt nur einmal im gesamten Genom vor und die Zielsequenz grenzt direkt an ein so genanntes Protospacer Motif (PAM). Für die gezielte Bindung des Cas9-Proteins an die Ziel-DNA ist die PAM-Sequenz zwingend notwendig. Bei Streptococcus pyogenes lautet die Sequenz: 5 'NGG 3'. Einmal exprimiert, bilden Cas9-Protein und die sgRNA einen Ribonukleinsäure-Proteinkomplex, der zu einer Konformationsänderung beim Cas9-Protein führt und das Protein von einer inaktiven, nicht-DNA bindenden Konformation in eine aktive DNA-bindende Konformation überführt. Während die sgRNA an das Cas9-Protein bindet, bleibt die "Spacer"-Sequenz der sgRNA frei (ungebunden) und kann mit der Ziel-DNA Sequenz interagieren (an diese binden). Dabei wird die Cas9-Endonuklease nur dann die Ziel-DNA schneiden, wenn die Homologie zwischen DNA und „Spacer-RNA“ groß genug ist. Der Vergleich mit einem Reißverschluss erklärt anschaulich, warum speziell Fehlpaarungen am 3‘-Ende der Zielsequenz ein Schneiden der DNA komplett verhindert, wohingegen Fehlpaarungen am 5‘-Ende durchaus toleriert werden. Sobald die Zielsequenz gebunden ist, unterliegt das Cas9-Protein einer weiteren Konformationsänderung, das die aktiven Zentren der Nukleaseaktivität so positioniert, dass die Ziel-DNA so geschnitten werden kann, dass es zu einem Doppelstrangbruch (DSB = double stranded break) innerhalb der Ziel-DNA kommt (ca. 3-4 Nukleotide oberhalb der PAM-Sequenz).

Der entstandene Doppelstrangbruch wird dann entweder mittels des sehr effizienten aber fehleranfälligen NHEJ Prozesses oder aber mittels des weniger effizienten aber äußerst genauen HDR Reparaturprozesses repariert.

Der NHEJ Reparaturprozess ist schnell, aber mit Fehlern behaftet, was dazu führt, dass Nukleotide im Vergleich zur urspünglichen Sequenz des Doppelstrangbruchs zusätzlich eingefügt oder weggelassen werden (InDels). Der zufällige Mechanismus des NHEJ Reparaturprozesses hat wichtige und interessante Implikationen, da der Mechanismus in den meisten Fällen zu einer Vielzahl von zufälligen Mutationen führt. Im Allgemeinen ergibt der NHEJ-Prozess kleine InDels in der Ziel-DNA, die sich durch den Verlust einer Aminosäure, dem zusätzlichen Einbau einer Aminosäure oder durch „frameshift“ Mutationen auswirken. Idealerweise ist das Ergebnis einer NHEJ-Reparatur der komplette Funktionsverlust eines Gens.

Multiplex > Genmanipulation mit CRISPR/Cas9.

Wenn man unterschiedliche sgRNAs auf demselben Plasmid plaziert, garantiert dies, dass jede Zelle, die das Plasmid aufnimmt, auch die jeweiligen sgRNAs exprimiert und somit die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass auch alle Genänderungen durch die Cas9-Endonuklease ausgeführt werden. Solche “multiplex” CRISPR Anwendungen beinhalten:

  • Den Einsatz von “Zweifach-Nickasen um ein Gen zu eliminieren (knock-out) oder es gezielt zu bearbeiten.
  • Den Einsatz von Cas9 um größere Genabschnitte zu eliminieren.
  • Die Modifikation verschiedener Gene in einem Arbeitsschritt. (Gegenwärtig haben verschiedene Forscher schon 2 bis 7 Genloci mittels multiplex CRISP/Cas9 bearbeitet/verändert.

Um das Ergebnis einer Multiplex CRISPR Anwendung zu analysieren kann, z.B. der Multiplex PCR Mastermix > von Genaxxon benutzt werden.

 

Referenzen:

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Kent G. Golic. RNA-Guided Nucleases: A New Era for Engineering the Genomes of Model and Nonmodel Organisms. Genetics October 2, 2013 vol. 195 no. 2 303-308; DOI: 10.1534/genetics.113.155093 >.

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